Der Traum vom eigenen Pferd.
Foto: Amelie Horsch
Erfahrungsberichte

Der Traum vom eigenen Pferd – oder auf einmal stand er da

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Hufglück Autorin Jessi hat uns in ihrem Beitrag „Wenn Pferde älter werden“ bereits davon erzählt, wie sie ihrem Pferd ein artgerechtes Altern in Würde ermöglicht hat. Heute erinnert sie sich mit uns an den Anfang. Wie ihre gemeinsame Geschichte begann.

Der Traum vom eigenen Pferd

Welches kleine Mädchen träumt ihn nicht? Den großen Traum vom eigenen Pferd. Manchmal zerplatzen diese Träume, manchmal gehen sie in Erfüllung und manchmal, da kommt einfach alles ganz anders als erwartet.

Wir schrieben das Jahr 2010, als mir eines Tages im Reitstall meine zu der Zeit beste Freundin eröffnete, dass ihre Familie beschlossen hatte, ihre Pferde in einen anderen Stall zu stellen.

Ich war damals Schulpferdereiterin und durfte ab und zu ihr Pony reiten. Wir beiden haben im Stall immer viel Zeit gemeinsam verbracht. Auch unsere Mütter haben sich gut verstanden und so war dieser Stallwechsel erst einmal eine wenig erfreuliche Nachricht für uns. Es konnte ja niemand ahnen, was für einen Lauf die Dinge nehmen würden und wie dieser Schritt die nächsten sechs Jahre meines Lebens verändern würde.

Mit einem eigenen Pferd durch dick und dünn … das war schon immer mein Traum. Foto: Bianca Köbe

Das Schicksal nimmt seinen Lauf

Nachdem die Pferde meiner Freundin umgezogen waren, besuchten wir die Familie immer wieder in ihrem neuen Stall. Eines Tages dann kam dann dort eine junge Frau, eine Freundin der Familie, auf mich zu und fragte, ob ich mir vorstellen könne, die Reitbeteiligung ihres Pferdes zu werden. Es war für mich das Allergrößte!

Ihr Pferd war schon etwas älter, sehr ausgeglichen und ruhig. Ich konnte alles mit ihm machen, so auch meine ersten Ausritte gemeinsam mit ihm erleben. Die Zeit verging, ich lernte viel, machte Fortschritte und hatte eine Menge Spaß.

An einem warmen Sommertag fuhr ich wieder einmal zusammen mit der Besitzerin meines Reitbeteiligungspferdes in den Stall. Sie erzählte mir, sie würde das Pferd eines Bekannten reiten, das im selben Ort die Straße weiter oben stehe. Natürlich war ich gespannt, was für ein Pferd das war und wollte unbedingt zuschauen. Also machten wir uns gemeinsam auf den Weg dorthin.

Unser erster Ritt

In dem Nachbarstall angekommen, begrüßte uns gleich der Besitzer. Als er sah, dass ich ebenfalls meine Reitsachen trug, bot er mir an, eines seiner Pferde zu reiten. Zuerst war ich unsicher und wusste nicht, was ich sagen sollte. Aber er versicherte mir, das Pferd sei schon älter und ganz brav. Ein echter Routinier eben.

Also ließ ich mich darauf ein, bereute meine Entscheidung jedoch sofort, als ich die Boxentüre des Pferdes öffnete und sein riesengroßes schwarzes Hinterteil erblickte. Als damals kleines Mädchen fühlte ich mich einfach nur hilflos und verloren.

Irgendwie schaffte ich es jedoch mit Unterstützung zu putzen und zu satteln und dann saß ich plötzlich auch irgendwie oben. Auf dem für mich zu der Zeit wirklich unglaublich großen Pferd. Wir machten uns dann gemeinsam auf den Weg zum Reitplatz. Auch der Besitzer der Pferde begleitete uns und sagte mir Gott sei Dank ein bisschen, was ich machen sollte.

Auf einem so großen Pferd hatte ich noch nie gesessen. Foto: Bianca Köbe

Danach war ich selber überrascht, wie gut das Ganze eigentlich geklappt hat und saß überglücklich ab. In den nächsten Tagen durfte ich ihn noch ein paar Mal reiten und habe mich heimlich ein bisschen in das Pferd verliebt. Der Besitzer sagte, dass er sich freut, dass es so gut klappt mit uns beiden. So ganz nebenbei erwähnte er auch, dass er mir das Pferd mit Sattel und Trense schenken könnte. Ich aber tat es immer als einen Spaß ab.

Müssen wir wirklich Abschied nehmen?

Eines Tages erfuhr ich dann, dass mein Liebling in seinen überaus verdienten Ruhestand geschickt und auf eine Rentnerkoppel gestellt werden sollte. Diese Nachricht brach mir fast das Herz. Doch was dann passierte, ist mir noch heute manchmal unbegreiflich. Es lief ab wie in einem Film. Ich weiß noch ganz genau, es war ein Mittwoch.

Meine Freundin und ich hatten uns für einen gemeinsamen Ausritt verabredet. Ich wusste, dass dies der Tag war, an dem ich mich von meinem Liebling verabschieden musste. Als wir von unserem Ritt zurück waren, wollte ich mich noch einmal in der Box von ihm verabschieden. Doch da kam meine Mutter zu mir und sagte, sie müsse mit mir reden.

Ich ahnte absolut nicht, was los war oder worum es ging. Sie sagte, ich wisse ja, dass mein Liebling heute eigentlich auf die Rentnerkoppel umziehen sollte. Der Besitzer sei jedoch tatsächlich zu ihr gekommen und habe auch sie gefragt, ob wir ihn nicht nehmen wollten. Als ich diese Worte hörte, brach ich in Tränen aus und konnte nicht glauben, was ich da gerade gehört hatte. Ich war einfach nur überglücklich. Innerhalb weniger Sekunden wurde mein allergrößter Traum war. Ich hatte tatsächlich ein eigenes Pferd.

Fotos in der Galerie: Bianca Köbe

Der gemeinsame Weg beginnt

Ein Problem gab es jedoch, denn die Box, in der mein Wallach bis dato gestanden hatte, war schon wieder an ein neues Pferd vergeben. Und in dem Stall war auch keine weitere Box mehr frei. Doch daran sollte es nicht scheitern, denn der Vater meiner Freundin hatte, während wir ausreiten waren, tatsächlich schon angefangen, eine provisorische Box zu bauen. So hatten wir vorübergehend eine Lösung und nichts stand uns mehr im Weg.

Diesen Tag werde ich niemals vergessen. Mein Traum vom eigenen Pferd war Wirklichkeit geworden. Ich war das glücklichste Mädchen der Welt und ich bin all den Menschen unendlich dankbar, die es möglich gemacht haben, dass ich dieses einzigartige Pferd kennen und lieben lernen durfte.

Von dem Tag an hatte ich ein Pferd an meiner Seite, das mich auf all meinen Wegen begleitet hat und mit mir durch dick und dünn ging. Ein Pferd, von dem ich aufgrund seines Alters und seiner Erfahrung alles lernen konnte. Denn er hatte eine erfolgreiche Turniervergangenheit.

Mein Freund und Lehrer

Vor allem aber hat er mich gelehrt, Verantwortung zu übernehmen. Sein Wohlbefinden stets vor meine Erwartungen zu stellen. Er hatte eine gute Konstitution, aber aufgrund seines Alters natürlich auch manchmal nicht so gute Tage. Er war ja schon 21, als ich ihn bekam. So lernte ich, genau hinzusehen, wie es ihm ging. Und meine Anforderungen an seine Tagesform anzupassen. Er hat mir gezeigt, was die Liebe zu einem so großen Tier bedeutet.

mein Traumpferd

Wenn Du uns noch besser kennenlernen möchtest, findest Du hier mehr über unsere gemeinsame Zeit.

Ihm habe ich alles zu verdanken, was mich auch heute noch im Umgang mit den Pferden umgibt. Wir gingen zusammen durch viele Höhen aber auch Tiefen. Doch gemeinsam waren wir stark, waren ein Team. Manchmal passieren Dinge einfach so, ohne dass man sie planen kann. So wie ich von einem Moment zum anderen ein eigenes Pferd besaß. Und vielleicht sind das die schönsten Geschichten, die man schreiben kann.

* 19 Jahre * Dressurreiterin * aktive Voltigiererin und Voltigiertrainerin *
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