Sommerekzem

Inhalt
Definition
Symptome
Diagnose
Behandlung
Prognose

Definition

Das Sommerekzem bei Pferden ist eine Hauterkrankung, die mit starkem, quälendem Juckreiz für das Pferd einhergeht. Es ist primär eine allergische Reaktion auf den Speichel bestimmter stechender oder beißender Fluginsekten. In unseren Breiten sind dies zum Beispiel Stechmücken, Kriebelmücken und Gnitzen. Es tritt infolge dessen besonders in den warmen Monaten des Jahres auf, wenn diese gehäuft vorkommen.

Symptome

Das Sommerekzem zeigt sehr typische Symptome an charakteristischen Körperstellen. Diese sind der gesamte Mähnenkamm, die Schweifrübe, die Bauchnaht und oft auch der Rücken entlang der Wirbelsäule.  Eine Ausweitung auf den Kopf, die Schultern, die Brust und die Kruppe ist im fortgeschrittenen Stadium möglich.

Das erste Symptom sind eher unauffällige kleine Pusteln und Erhebungen durch die Insektenstiche. Diese beginnen dann stark zu jucken und das Pferd wird naturgemäß versuchen, diese Stellen zu erreichen, um sich zu kratzen und zu scheuern. Dies geschieht durch Knabbern mit den Zähnen und Scheuern an allen möglichen Gegenständen, die dem vehementen Druck der Pferde standhalten.

Deutlich sichtbare Merkmale sind:

  • kleine bis mittlere rundliche Stellen ohne Fell
  • ein aufgescheuerter Mähnenkamm, bei schwerem Verlauf  völliger Verlust der Mähnenhaare
  • eine aufgescheuerte Schweifrübe, die Schweifhaare sind gebrochen und stehen ab
  • offene Stellen und Wunden, die dazu neigen sich zu entzünden und zu eitern

Durch das Kahl-und Wundscheuern verliert die Haut der Pferde ihren natürlichen Schutz und wird leicht anfällig für Sekundärinfektionen. Schmutz und Bakterien aber auch Fliegeneier und Larven können die offenen Stellen infizieren. So entsteht ein unguter Kreislauf und der Leidensdruck der Pferde kann sehr groß sein.

Diagnose

Die Diagnose wird aufgrund der charakteristischen Ausprägung und des Hautbildes gestellt. Überprüft und erfragt werden sollten die Haltungsbedingungen und die Fütterung des Pferdes um die Diagnose zu sichern. Tritt es nur in den „Mückenmonaten“ auf, ist dies natürlich ein sehr eindeutiger Hinweis.

Wichtig ist eine differentialdiagnostische Abgrenzung zu anderen Ekzemen, Pilzbefall oder Milben. Über eine Blutabnahme kann dann im Labor die allergieauslösende Substanz ermittelt werden, denn diese könnte auch in den Futtermitteln oder anderswo zu finden sein. Weiterführende Erklärung hierzu siehe „Ursachen“.

Ursachen

Als Hauptursache gilt eine allergische Reaktion (Hypersensitivität Typ 1, atopische Reaktion, „Soforttyp“) auf den Speichel der oben genannten Stechinsekten. Er enthält ein Protein, dessen Antigen (eine Substanz, die das körpereigene Immunsystem als fremd einstuft) vom Körper in einer überschießenden Reaktion des Immunsystems bekämpft wird. Das ist der Auslöser der Allergie.

Dieses Wissen bedeutet auch, dass die allgemein geläufige Ansicht, zur Bekämpfung des Sommerekzems das körpereigene Immunsystem erstmal „zu stärken“ in die falsche Richtung geht. Denn es reagiert ja bereits überschießend, also „stark“!

Die Gesamtheit der Gründe ist aber sehr komplex. Es finden sich sowohl

  • endogene (im Körperinneren entstehende) als auch
  • exogene (außerhalb des Körpers zu suchende) Ursachen.

Wichtig ist es zu erkennen, dass die Überreaktion des Immunsystems durch einen Ausgleich desselben eingedämmt werden muss.

Weitere beeinträchtigende Faktoren für das Immunsystem sind:

  • Stoffwechselprobleme
  • Störungen des Hormonhaushaltes
  • fütterungsbedingte Ursachen: Über- oder Unterversorgung mit bestimmten Nährstoffgruppen und Übergewicht
  • Stress (Ursachen hierfür s.u.)

Erfahrungsgemäß sind häufig leichtfuttrige (und damit oft in der Folge leider übergewichtige) Pferde(rassen) betroffen. Hierzu zählen wir sogenannte extensive Pferde mit robuster Konstitution wie Isländer, Fjordpferde, Haflinger, Tinker und andere. Diese können in unserem Klima gut im Freien gehalten werden.

Verdauung und Immunsystem wiederum stehen in direktem Zusammenhang. Dies wird nicht nur aus naturheilkundlicher Sicht so gesehen, sondern auch von der Schulmedizin anerkannt. Denn entstehen im Verdauungsprozess Stoffwechselgifte, werden diese auch über die Haut ausgeschieden und schädigen diese.

Oft wird ein Überangebot an Protein und Energie (in Form von Zucker) beobachtet, in Kombination mit zu wenig Rauhfuttergaben. Dies begünstigt Allergiegeschehen im Körper grundsätzlich, nicht nur das Sommerekzem.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der bedarfsgerechten Ernährung, einem gesunden Milieu im Darm und einem ausgeglichenen Säure-Basen Haushalt.

Auch Stress (insbesondere lang andauernder „chronischer“ Stress) ist ein großer Faktor, der das Immunsystem insgesamt schwächt und das Auftreten von Allergien begünstigt. Die Krankheit selber natürlich bereitet ebenfalls massiven Stress durch den starken Juckreiz. Hinzu kommen die immer stärker werdenden verzweifelten Versuche der Pferde, die Angreifer abzuwehren.

Eine Auswahl möglicher weiterer Stressfaktoren für Pferde, die es zu betrachten gilt:

  • nicht artgerechte Haltung (dauerhaft zu wenig Bewegung, kein Kontakt zu  Artgenossen etc.)
  • Probleme mit der Haltungsform (z.B. Leben in einer ungeeigneten Herde oder Probleme mit der Rangordnung)
  • physische und/oder psychische Überforderung in der Ausbildung
  • Stress durch das Reiten/den Reiter an sich, schmerzhafte Ausrüstung etc.
  • gesundheitliche Probleme, z.B. Dauerschmerzen im Rücken oder durch Arthrosen etc.
  • grundsätzlich Krankheit, Schmerzen, Medikamente und ihre Nebenwirkungen

Behandlung

Der wichtigste Schritt ist es, den Kontakt des Pferdes mit den allergieauslösenden Mücken so gut wie möglich zu vermeiden. Die günstigste Tageszeit für den Weidegang fällt zwischen ca. 9 und 16 Uhr. Denn um den Sonnenauf- und untergang herum und auch nachts sind die Gnitzen sehr aktiv.

TIPP: Auf Weiden, die vermehrt dem Wind ausgesetzt sind, finden sich grundsätzlich weniger Fluginsekten. Denn diese mögen keinen Wind. Das ist zum Beispiel in Berg- und Hanglagen der Fall und natürlich in Meeresnähe.

Die Pferde sollten Zugang zu bestmöglich vor Fliegen geschützten Ställen haben. (Fliegengitter, Vorhänge, Hygiene etc). Die häufig anzutreffenden Ekzemerdecken sehen furchtbar aus, aber den Pferden wird durch die Abdeckung fast des gesamten Körpers große Erleichterung verschafft. Oftmals zeigen sie das tatsächlich durch freudvolles Benehmen, wenn sie diese aufgelegt bekommen. Kopfmasken sind ebenfalls sehr hilfreich.

Wieviel Einfluss dann wiederum die fehlende Sonneneinstrahlung auf die Haut der Pferde und der daraus eventuell resultierende Vitamin D Mangel auf den Gesamtorganismus haben, kann nicht verallgemeinernd gesagt werden.

Oben genannte Stressfaktoren sind allesamt zu überprüfen und die Gesamtsituation des Pferdes ist zu verbessern! Eine tierärztliche Untersuchung (Blut/Urin/Kot/Haaranalyse) und eine Beratung durch erfahrene Futterexperten ist sehr zu empfehlen, um die Krankheit ganzheitlich anzugehen.

Im Handel erhältliche Fliegensprays und ähnliche Produkte können temporäre Hilfsmittel sein. Sie helfen je nach Pferd mehr oder weniger, gehen aber nur die Symptome an und lösen das Grundproblem nicht. Es muss hier auch immer auf die Verträglichkeit geachtet werden.

Hat eine Infizierung der offenen Stellen bereits stattgefunden (sogenannte „Sekundärinfektion“), so sind diese je nach Auslöser durch Antibiotika, Antipilz- oder Milbenmittel ebenfalls zu behandeln.

Der Einsatz von Cortison ist gängig aber mit dem Tierarzt des Vertrauens gut abzuwägen. Cortison unterdrückt das körpereigene Immunsystem. Es wird also Linderung verschaffen, da es somit auch die Allergie (also auch den Juckreiz) unterdrückt. Die Mücken stechen natürlich trotzdem.

Es gibt äußerliche Anwendungen und Langzeit-Cortison-Depots, die per Injektion verabreicht werden. Jede regelmäßige Cortisongabe hat Nebenwirkungen und kann Spätfolgen nach sich ziehen. Zum Beispiel Leber- und Nierenschäden (Wassereinlagerungen) und Stoffwechselprobleme, die zu Hufrehe führen können. Diese Gefahr ist besonders groß, da die zu Hufrehe neigenden Pferde auch zu den oben genannten, für das Sommerekzem prädisponierten, Rassen gehören.

Die Naturheilkunde wendet sowohl die Desensibilisierungstherapie, Eigenblutbehandlungen und Homöopathie an.

Eine Impfung existiert noch nicht, soll aber in naher Zukunft erhältlich sein. (2021)

Prognose

Die Prognose für das vom Sommerekzem betroffene Pferd ist nach Beginn der Behandlung grundsätzlich gut. Es gilt, dass für jedes Tier in seiner spezifischen Situation eine angepasste Lösung gefunden werden muss. Eventuell bedeutet dies Aufwand für den Besitzer und Veränderungen der Lebensumstände für das Pferd.

Prophylaxe

Als vorbeugende Maßnahmen ist kurzfristig die bestmögliche Vermeidung der auslösenden Situation (also der Schutz vor den Insekten in den warmen Monaten im Jahr) anzusehen. Eine mittel- und langfristige Verbesserung der Gesamtkonstitution des Pferdes, ist der ganzheitlichste und natürlichste Weg zu stabilerer Gesundheit. Dies hat ein ausgeglichenes Immunsystem zur Folge, das angepasst und nicht überschießend reagiert.

 

Die von dem Reitsportmagazin Hufglück angebotenen Inhalte über Pferdekrankheiten dienen ausschließlich der Information der Pferdebesitzer und Reiter. Sie ersetzen in keinem Fall die Untersuchung und Diagnose durch einen Tierarzt.
* Pferdewirtschaftsmeisterin * Reitlehrerin FN * lebt in Portugal *