Foto: Karen Pagnia
Erfahrungsberichte

Ein Schulpferd kaufen?!

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Es ist der Mädchentraum nahezu jeder kleinen Reitschülerin, die sich in ein Schulpferd verliebt: Dieses Lieblingspferd soll es sein – muss es sein.

Oft ist diese Liebe nicht von allzu langer Dauer. Schulpferde kommen und gehen in den meisten Ställen in regelmäßigem Wechsel und mit ihnen wechselt dann auch das Lieblingspferd. Oder es bekommt Konkurrenz durch eine Reitbeteiligung. In einigen Fällen verweist dann sogar ein eigenes Pferd den ursprünglichen Favoriten auf die hinteren Ränge.

Kämpfe um die eine Pferdeliebe

Manchmal jedoch steht die Pferdeliebe deines Lebens trotz alledem in einem Schulstall. Zunächst unerreichbar und gleichermaßen in den wöchentlichen Reitstunden zum Greifen nah. Auch für die anderen, denn selten ist man mit der Liebe für ein bestimmtes Schulpferd allein. Da kann es schon einmal zu erbitterten Rangkämpfen mit unlauteren Mitteln kommen. („XY ist gestern bei mir aber viel schöner gelaufen, als bei dir!“ / „Du bist viel zu groß / schwer für ihn/sie!“ / „Also ich habe ja schon immer perfekt mit ihr / ihm harmoniert!“ / „Komisch, bei mir macht er/sie das nie / aber immer sofort!“)

Glückliche Kindertage mit Goldy Foto: Familienarchiv

Und wenn man ‚sein Pferd‘ erfolgreich gegen die Konkurrenz verteidigt hat, steht man plötzlich Verlustängste durch, weil es Kaufinteressenten gibt, die aber leider nicht die eigenen Eltern sind. Diesen wiederum liegt meist nichts ferner, als die Familie um ein Pferd zu ergänzen.

Doch irgendwann wird aus dem innigen Wunsch, genau dieses Schulpferd endlich zu besitzen vielleicht ein konkreter Plan. So geschehen bei mir und meiner Stute Goldy.

Eine klassische Pferdemädchen-Schulpferd-Liebe

Mein zehnjähriges Ich hatte seine lang ersehnte und gegen eisernen Widerstand hart erkämpfte erste Reitstunde auf einer zierlichen blonden Haflinger-Fjord Stute, damals etwa 11 Jahre alt. Es war Liebe auf den ersten Blick, so kitschig, so einfach. Von da an gab es kein anderes Pferd mehr für mich. In beinahe jeder Reitstunde erkämpfte ich mir ‚meine‘ Goldy, ansonsten gab es bittere Tränen und manch einen, im Rückblick doch etwas melodramatischen, Auftritt.

Zum Beispiel konnte mich mein Reitlehrer nur mit dem hochheiligen Versprechen, doch in einer späteren Stunde Goldy reiten zu dürfen, aus der Toilettenkabine locken, in der ich mich verzweifelt weinend verbarrikadiert hatte. Man hatte sie einem kleineren Kind zugeteilt und mich auf ein nicht infrage kommendes Riesentier umdisponiert.

Tatsache war aber auch, dass ich mich trotz meines innigen Wunsches zu reiten, kaum in den Sattel eines anderen Pferdes traute. Was für mein reiterliches Geschick sicherlich nicht zuträglich war, wurde andererseits mit zahlreichen Erfahrungen aufgewogen, die ich untrennbar mit Goldy verbinde und die das Band zwischen uns immer fester knüpften.

Durch Höhen und Tiefen

Goldy und Klein Laura Foto: Familienarchiv

Mein erstes Turnier bestritt ich auf ihr, für unsere erste goldene Schleife hatten wir beide gemeinsam gekämpft, über mein erstes Stoppelfeld galoppierte ich auf ihrem Rücken. Das bedeutet nicht, dass unser Weg immer einfach war. Sehr oft stieg ich frustriert von mir selbst am Ende einer Reitstunde ab, denn als Lehrpferd zeigte sie mir auch oft, was ich noch nicht konnte. Diverse Stürze, die mir unter anderem eine Gehirnerschütterung und eine angeknackste Rippe bescherten, sind auch Teil der Geschichte, genauso wie ein Springparcours, bei dem mein Vertrauen in sie noch nicht stark genug war.

Doch wie in einer belastbaren zwischenmenschlichen Beziehung auch, konnten diese kleinen Tiefpunkte unser Verhältnis zueinander nicht erschüttern. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, dass wir gerade durch die Überwindung schwieriger Zeiten noch fester zusammengewachsen sind.

Goldy hat mich bislang durch alle Phasen meiner späten Kindheit, Jugend und meines jungen Erwachsenenlebens begleitet. Und sie könnte über alle von ihnen erzählen, denn Freude, Trauer, Erfolge, Angst – alles fand und findet den Weg zu ihr in den Stall. Ob ich je ihre Nummer 1 war – ich weiß es nicht. Aber sie ist unangefochten meine.

Die Nr.1 auf dem Wunschzettel

Auf jedem Wunschzettel stand sie ganz oben und als ich dem Alter der Wunschzettel entwachsen war, suchte ich stattdessen gute Argumente. Doch noch hatten meine Eltern die besseren. Ein Pferd ist zu teuer, kostet zu viel Zeit und die Schule geht vor. Ich hatte Glück, dass sie während dieser Zeit im Verein blieb und als sie dann schließlich zum Verkauf stand, war ich 20 Jahre alt und hatte mir meine Entscheidung gut überlegt.

So erfüllte ich mir nach langen Jahren meinen Herzenswunsch und Goldy kam endlich zu mir.

Trotz aller Liebe müssen einige Rahmenbedingungen vor dem Kauf gegeben sein, wenn man sein Pferd und sich selbst langfristig glücklich machen möchte. Sollten diese nicht gesichert oder mehrheitlich sehr fragwürdig sein, muss man diesen Wunsch sehr kritisch hinterfragen.

Laura und Goldy sind erwachsen geworden Foto: Karen Pagnia

Was Du vor dem Kauf eines Schulpferdes unbedingt beachten solltest.

1. Finanzierung:

Für ein Pferd fallen monatliche Fixkosten von mehreren hundert Euro an. Darin enthalten sind Stallmiete, Futter, Versicherung und Hufschmied. Impfungen und Zahnkontrolle kommen jährlich hinzu, ebenso sollte ein gewisses Budget für eventuelle Tierarztkosten und Medikamente verfügbar sein. Auch die Pflege und Instandhaltung der Ausrüstung kostet Geld, denn hin und wieder muss etwas ersetzt oder neu hinzugekauft werden.

Die Finanzierung sollte unbedingt vor dem Kauf des Pferdes zuverlässig und langfristig sichergestellt sein. Eine durch Reitbeteiligungen unterstützte Finanzierung ist ein möglicher Weg, jedoch muss auch hier ein tragfähiger Notfallplan bestehen, sollte das Pferd ausfallen, oder wie in Goldys Fall, durch einen Unfall nicht mehr reitbar sein. Niemand möchte vor der Situation stehen, sein Pferd plötzlich nicht mehr unterhalten zu können und aus Geldnot weggeben zu müssen.

2. Zeit:

Ein Pferd benötigt pro Tag mehrere Stunden Zeit für Pflege, Training und Zuwendung. Sicherlich herrscht an manchen Tagen einmal Eile, aber Hektik sollte keinesfalls die Grundstimmung im Umgang mit dem Pferd werden. Es verdient eine liebevolle, intensive und ruhige Behandlung und merkt, wenn man es lediglich zwischen Tür und Angel versorgt. Sich selbst tut man im Übrigen ebenso keinen Gefallen, wenn das Pferd lediglich ein Stressfaktor ist.

3. Soziales Netz:

Wie in anderen Lebensbereichen auch, ist ein stabiles soziales Netz auch für Pferdebesitzer wichtig. Gerade wenn ein Schulpferd das erste eigene Pferd ist, sind Stallgemeinschaft, selbst reitende Freunde, pferdekundige Familienmitglieder und nicht zuletzt der eigene Reitlehrer wertvolle Ansprechpartner und Rückhalt, damit man in seiner Verantwortung nicht allein steht. Oftmals fehlt noch die Erfahrung, um in wirklich allen Themenfeldern rund ums Pferd souverän zu entscheiden und zu handeln und selbst wenn dies der Fall ist, tun Unterstützung oder eine zweite Meinung oft gut. Am besten ist es daher, auf mehrere Personen zurückgreifen zu können, die Rat und Hilfe leisten, oder auch mal einspringen, wenn man selbst krank im Bett liegt.

4. Wissen:

Vor dem Kauf eines (Schul-)Pferdes sollte man sich darüber klar werden, dass für ein eigenes Pferd wesentlich mehr Fachwissen erforderlich ist, als für den wöchentlichen Besuch der Reitstunden. Ein solides Grundwissen zu Pflege, Umgang, Haltung, Fütterung, Ausrüstung und Krankheiten ist notwendig. Darüber hinaus ist auch das Reiten selbst wichtig, da man mit einem eigenen Pferd normalerweise auch außerhalb der Reitstunden reitet.

Bislang treffen alle genannten Punkte auch für jeden anderen Pferdekauf zu. Für Schulpferde gelten noch ein paar Besonderheiten, die man ebenfalls berücksichtigen sollte.

5. Alter, Gesundheit und Vorgeschichte:

Wer ein Schulpferd kauft, kauft in den meisten Fällen kein junges Pferd. In manchen Schulbetrieben werden die Pferde zwar regelmäßig in private Hände verkauft, in vielen Vereinen bleiben sie aber einige Jahre. Das ist nicht zwangsläufig negativ, man muss aber bedenken, dass man es eher mit einem ‚Best Ager‘ als mit einem Jungspund zu tun bekommt.

Vereine und Schulbetriebe kümmern sich generell sehr gut um die Gesundheit ihrer Tiere, da das Pferd für sie unter anderem ein Teil ihres Kapitals ist, das sie bestmöglich pflegen. Allerdings tragen Schulpferde auch viele Anfänger, die naturgemäß nicht geschmeidig sitzen und das Pferd in korrekter Haltung reiten können. Eine fehlerhafte Bemuskelung oder Abnutzungserscheinungen durch eine einseitige Belastung können also durchaus auftreten.

Mein Fazit:

Eine Ankaufsuntersuchung ist demnach zu empfehlen und ansonsten muss man für sich entscheiden, ob man Zeit, Mühe und Geduld investieren möchte, um Fehlhaltungen zu korrigieren. Dass es in weiten Teilen möglich ist, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Weiterhin müssen Schulpferde in ihrem Alltag mit vielen verschiedenen Reitern und Anforderungen zurechtkommen und sind wahre Allrounder. Es kann daher vorkommen, dass sie sich gewisse Eigen- oder auch Unarten angewöhnen. Aber wer ‚sein‘ Schulpferd kaufen möchte, kennt diese Eigenschaften sowieso und lässt sich nicht davon schrecken.

Wenn man nach kritischer Überprüfung und Sicherstellung all dieser Punkte noch immer der Meinung ist, dass es dieses eine Pferd sein kann und muss, dann sollte man den Mut aufbringen und sich den Traum erfüllen.

Am Ende pures Glück

Dieses überwältigende Glücksgefühl, als ich mit dem unterschriebenen Kaufvertrag in der Hand vor Goldys Box stand, sie endlich ‚mein‘ Pferd nennen konnte und wusste, ich muss sie nie mehr in fremde Hände geben – man kann es kaum beschreiben. War unsere Beziehung zueinander vorher schon innig, sie intensivierte sich mit der Zeit noch um ein Vielfaches. Der Begriff ‚Seelenpferd‘ wird beinahe schon inflationär verwendet, aber für mich beschreibt er das, was Goldy ist.

Laura und ihre Goldy  Foto: Karen Pagnia

Wir sind eine gewachsene Einheit, lehren und spiegeln einander. Sie bringt mich durch ihr Verhalten dazu, mich selbst zu reflektieren und ist Gegenüber und Partnerin zugleich. Gleichzeitig kenne ich jede ihrer Eigenschaften, kann ihre Reaktionen antizipieren, ihre Mimik und Körpersprache deuten. Das bedeutet nicht, dass wir uns jederzeit blind verstehen, aber wir finden immer wieder zueinander.

Goldy ist meine Gefährtin, meine beste Freundin, mein Glück auf vier Hufen und es war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe, das Schulpferd meiner ersten Reitstunde zu mir zu holen.

Tags : Schulpferd
* 25 Jahre alt * Studentin in Hamburg * eigenes Pferd: Haflingerstute ‚Goldy‘ *
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