Mädchen schmust mit einem Pferd auf dem Paddock
Foto: Karen Pagnia
Training

Mentales Training – wie Du die Beziehung zu Deinem Pferd im Reitalltag verbessern kannst

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Reiten mit Gefühl und Köpfchen

Möchtest Du mehr Harmonie und Leichtigkeit in Deinen Reitalltag bringen?

Mentales Training und mehr Achtsamkeit können Dir dabei helfen, die Beziehung zu Deinem Pferd aufzubauen oder zu verbessern. Wir alle lieben Pferde und verbringen gerne und oft viel Zeit mit ihnen. Doch manchmal schleicht sich einfach die Routine ein, es entstehen kleine Kommunikationsprobleme im Umgang oder in der Ausbildung, die mit der Zeit zu größeren werden können. Wenn Spass und Harmonie auf der Strecke bleiben, wird es Zeit, sich Gedanken zu machen. Du kannst Deinen Reitlehrer um Rat fragen, aber zusätzlich kann es Dir helfen, wenn Du Dir die Begegnungen mit Deinem Pferd einfach einmal wieder bewusster machst. Um Eure gemeinsame Zeit wieder kostbarer werden zu lassen.

Foto: Karen Pagnia

Das hört sich ja nun erst einmal gar nicht so schwer an, oder? Es geht ja auch um genau das – mehr Leichtigkeit -. Aber wenn wir ehrlich sind, wissen wir alle, wie schwer das manchmal sein kann, wenn man gestresst oder sogar schlecht gelaunt bei seinem Pferd ankommt. Selbst wenn sich das normalerweise schlagartig bessert, sobald Du den Stallgeruch einatmest, kann es sehr hilfreich sein, wenn Du Dir ein paar Momente Zeit für Deine innere Vorbereitung nimmst.

Mentales Training ist hier das Zauberwort und bestimmt hast Du in Bezug auf andere Sportarten schon davon gehört. Viele Sportler nutzen es, um ihre Leistungen zu optimieren. Dazu gehört, Klarheit in den Gedanken zu schaffen, innere Bilder zu nutzen, sowie die eigene Aufmerksamkeit zu fokussieren. Denn Deine Energie folgt der Aufmerksamkeit. Aus dieser Schatztruhe möchte ich Euch heute Tipps geben, wie Ihr die Verbindung zu Eurem Pferd vertiefen, vielleicht sogar mit einer anderen Qualität neu aufbauen könnt.

Was die Pferde besser können als wir

Ja, die Pferde haben uns in mancherlei Hinsicht Einiges voraus. Sie lernen nicht aus Büchern, sondern vertrauen ihren Instinkten und lassen sich leiten, wenn sie verstehen UND vertrauen. Tatsächlich aber können sie uns lesen wie ein Buch, unsere Körpersprache und auch unser Geruch ist ihr ABC. Natürlich entschlüsseln sie nicht einzelne Worte, sondern das Zusammenspiel der Energie, die wir ausstrahlen, des Tonfalls unserer Stimme und unserer Hilfengebung. Das Pferd entschlüsselt also:

  • Deine Körpersprache
  • Deine Energie und Deinen Geruch
  • den Tonfall Deiner Stimme
  • die Weisungen Deiner Hilfen

Die folgenden Vorschläge sollen Euch unterstützen in der sicheren Kommunikation mit Euren Pferd. Euch offener, aufmerksamer und vielleicht ja sogar ein wenig sanfter machen. Und dabei geht es mir nicht nur um die korrekte Hilfengebung für eine gelungene halbe Parade – auch dies wird hier auf Hufglueck.de sicher nicht zu kurz kommen – sondern um ein entspanntes, vertrauensvolles Miteinander von Anfang an. Denn in der gelungenen Kombination aus Pferdeverstand, achtsamer Kommunikation und der faszinierenden Logik unserer klassischen Reitlehre liegt das Geheimnis der Freude für Reiter und Pferd und eines harmonischen, erfolgreichen Teams.

Was kannst Du also anders machen?

Überlasse es nicht einer Spontanentscheidung, ob Du Dressur reitest, ins Gelände gehst oder vielleicht doch lieber longierst. Gib Dir und deinem Pferd die Möglichkeit der inneren Vorbereitung. Überlege einmal kurz, wie die letzte Trainingseinheit verlaufen ist. Worauf kannst Du im positiven Fall aufbauen, oder aber wo sind vielleicht Probleme aufgetreten, die Dir heute wieder begegnen werden. Denn selten verschwinden sie über Nacht. Hakt es vielleicht immer wieder bei der Rechtsstellung- und biegung oder mit der Lastaufnahme der Hinterhand? Oder fällt es Deinem Pferd insgesamt schwer, sich loszulassen und vorwärts-abwärts zu dehnen?

Für alle Fälle gilt, stimme Dich positiv auf Eure Begegnung ein. Überlege, was Du mit Deinem Partner Pferd erreichen möchtest und visualisiere diese Wunschvorstellung als eine Art prachtvolles Gemälde oder einen perfekt gedrehten Film. Je nachdem, was Dir besser gefällt. Und spüre tatsächlich einmal (vielleicht mit geschlossenen Augen) dieses erfüllende Gefühl, wenn Ihr beiden die Hauptrolle in diesem Film spielt. Das kann ein erstes entspanntes Aufsitzen auf Dein 3-jähriges Nachwuchspferd sein, aber natürlich auch die erste perfekt fließende Zickzacktraversale auf dem großen Viereck. Wow, was für ein tolles Gefühl!

Ziele setzen

Und nun setze Dir auch ein Minimal-oder Zwischenziel für den Tag, das realistisch erreichbar ist. Denn wir erinnern uns daran – die Energie folgt der Aufmerksamkeit – und dafür braucht es dieses Ziel. Sehr sinnvoll ist es, diese Zwischenziele mit deinem Reitlehrer zu besprechen und mit dem übergeordneten Trainingsplan abzustimmen.

Foto: Amelie Horsch

Nun freue Dich auf Dein Pferd, trete ihm mit diesem erhebenden, durchweg positiven Gefühl gegenüber und lass Deine Freude direkt auf es übergehen. So, genauso,  stimmst Du es auf Eure gemeinsame Reitstunde ein. Unsicherheiten und Zweifel bekommen keinen Raum mehr, da Du bewusst und achtsam mit Deinen Gedanken und inneren Bildern umgehst. Sie kontrollierst und Deinem Pferd Klarheit und vor allem Sicherheit vermittelst. So gibst Du ihm die Chance, Dich zu verstehen (siehe oben) und zu vertrauen.  Gemeinsam übernehmt Ihr die Hauptrolle in Deinem Film. Und indem Du ihm in der Box das Halfter über den Kopf streifst oder auf der Koppel eine Möhre zur Begrüßung reichst, beginnt Euer Dreh.

Verbinde Dich intensiv mit Deinem Pferd

Du hast nun ein Bild vor Augen und Dir den Ablauf der letzten Trainingseinheit noch einmal visualisiert. Dabei hast Du auch die Schwierigkeiten erfühlt und warum solltest Du denn nicht schon vor dem Aufsitzen beginnen, an diesen zu arbeiten? Schau Dir Dein Pferd ganz genau an, fühle in es hinein, denn natürlich können auch versteckte gesundheitliche Probleme die Ursache für verändertes Verhalten beim Reiten sein. Blicken die Augen Dich genauso klar an wie sonst, wenn die Welt in Ordnung ist? Glänzt das Fell, oder macht es vielleicht einen müden Eindruck? Schon beim Putzen kannst Du zum Beispiel auch mit Deinen Händen bestimmte Muskelpartien, die zu Verspannungen neigen, aufspüren und mit dem Gummistriegel massieren. Oder deinem Pferd Dehnungsübungen für den eventuell verspannten Rücken anbieten, um besser auf das Tragen deines Gewichts vorbereitet zu sein, und um sich besser loslassen zu können.

Achtsamkeit verbessert die  Kommunikation

Diesen roten Faden können wir immer weiter spinnen, um Eure Kommunikation zu verbessern und das gegenseitige Verständnis zu fördern. Denn wenn Du die Muskelverspannung Deiner Pferdes selber unter Deinen Händen gespürt hast, kannst Du auch seine Reaktionen beim Reiten und die Probleme mit der Losgelassenheit viel besser verstehen. Und ganzheitliche Lösungen zur Verbesserung finden. Kontrolliere ebenfalls sehr regelmäßig den korrekten Sitz deines Sattels und der Trense, die Ausrüstung ist häufig lange unbemerkt der Verursacher vieler Probleme. Denn die Rückenmuskulatur der Pferde ist in der Arbeit Veränderungen unterworfen und diesen muss die Polsterung und Auflagefläche des Sattels immer wieder angepasst werden, um Rückenproblemen vorzubeugen. Genauso die Trense. Achte auf versteckte Druckstellen und überprüfe immer wieder zwischendurch das Gebiss auf scharfe Stellen, die durch Abnutzung entstehen und Verletzungen in den Maulwinkeln hervorrufen können.

Wenn trotzdem mal gar nichts klappen will

Natürlich kann es auch passieren, dass an einem Tag einfach mal trotz aller mentaler Vorbereitung und bestem Willen so gar nichts richtig klappen will. Das ist menschlich, und auch manchmal pferdisch und dann ist es auch überhaupt kein Problem, wenn Du von Deinem Ziel abrückst. Im Gegenteil, Du zeigst Größe, wenn Du für Euch beide Verständnis haben kannst. Suche Dir noch eine leichtere Lektion, von der Du weißt, dass sie gelingt. So kannst Du dein Pferd loben, einen positiven Abschluss finden und stärkst Euer beider Selbstvertrauen wieder. Dann geht Ihr zusammen noch eine Runde bummeln und der Kopf wird wieder frei für die nächste Reitstunde.

Foto: Karen Pagnia

Hier schließt sich der Bogen der Inspirationen für die gelungene Trainingseinheit.

Ihr habt gesehen, unsere Möglichkeiten etwas -anders- zu machen, sind unglaublich vielfältig. Und sie alle beginnen mit dem Wunsch, die Zeit und Arbeit mit unseren Pferden mit Spaß und Freude zu erleben und ein harmonisches Team zu werden.

Die wichtigsten Tipps

  • Weg von der täglichen Routine – hin zu mehr Achtsamkeit und innerer Vorbereitung
  • Rufe Dir das letzte Training in Erinnerung
  • Stimme Dich positiv auf den Ritt ein und setze Dir Ziele – mentales Training –
  • Vertiefe die Bindung zu Deinem Pferd schon vor dem Reiten durch achtsame Pflege, Kontrolle seiner Gesundheit und der Ausrüstung
  • Bleibe während des Ritts positiv, fokussiert und geduldig und beende Euer Training in jedem Fall mit Anerkennung für Euch beide
* Pferdewirtschaftsmeisterin * Reitlehrerin FN * lebt in Portugal *
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