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RatgeberTraining

Mit der SMART- Formel leichter deine Ziele erreichen

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Warum Ziele setzen?

Menschen arbeiten naturgemäß gerne auf  Ziele hin. Dies gilt nicht nur im Beruf, sondern auch für Lebensbereiche, in denen wir aus uns selbst heraus Begeisterung entwickeln und empfinden. Das sind allen voran unsere Hobbys und Leidenschaften. Die meisten Reiter investieren aus Liebe zu Pferden und dem Reitsport oft den größten Teil ihrer Freizeit, um sie mit ihren Vierbeinern zu verbringen.

Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.  Lao-Tse, chinesischer Philosoph

Ein Ziel erreichen macht glücklich

Nun ist Reiten eine sehr komplexe Sportart, nicht umsonst heißt es „Ein Reiter lernt nie aus“. Umso schöner ist es, gemeinsam mit Partner Pferd Fortschritte zu machen. Zu spüren, dass wir mit stetiger Arbeit, Geduld und Feingefühl vorankommen. Die Kommunikation mit dem Pferd wird klarer, Lektionen gelingen besser und vieles mehr. Einen Lernprozess anzugehen, umzusetzen und dabei erfolgreich zu sein, macht uns einfach glücklich.

Es muss nicht immer die Schleife am Kopf sein, aber eine Platzierung ist Bestätigung, zeigt gemeinsames Vorankommen und macht den Reiter glücklich. Sie ist ein erreichtes Ziel. Das Pferd freut sich über die Belobigungen und die extra Portion Möhren. Foto: Bianca Köbe

Nicht so verbissen, bitte

Aber es gibt auch die negative Seite von Zielsetzungen: Etwa wenn wir versuchen, krampfhaft und verbissen etwas zu erreichen. Doch weder Pferd noch Mensch sind dafür gemacht, unter negativem Druck Höchstleistungen zu vollbringen. Oft tun wir dies aber gar nicht für uns selbst oder unser Pferd. Stattdessen wollen wir jemand anderem etwas beweisen. Das gilt es ehrlich zu hinterfragen, denn nur wenn die Motivation für etwas wirklich in unserem Inneren entspringt, sind wir in der Lage, über uns hinauszuwachsen. Genau dabei helfen uns bewusst und sinnvoll formulierte Ziele.

Ziele haben nichts mit dem Ausbildungsstand gemein. Für einen Reitanfänger kann es ein Meilenstein sein, den anspruchsvollen Abteilungsgalopp passabel hinter sich zu bringen. Das könnte heißen, ohne dabei den Sitz zu verlieren, auszuscheren oder sich vor dem schnelleren Tempo zu fürchten. Der Fortgeschrittene möchte vielleicht zum ersten Mal die Wertnote 7,5  auf einem Turnier überschreiten. Die Frage nach dem Mehrwert einer definierten  Zielsetzung ist nun durchaus berechtigt. Wollen wir nicht einfach alle so gut wie möglich werden und genügt das nicht als Ziel?

Warum „ich will besser werden“ nicht reicht

Sehr wahrscheinlich würde uns so einiges auch ohne konkreten Plan gelingen. Aber mit ein bisschen Mühe zu Beginn, können wir uns den Weg zum Ziel ebnen und erleichtern. Wir setzen uns intensiver mit Dingen auseinander, die wir konzentriert niederschreiben. Wir erinnern uns besser daran und verlieren sie auch in schwierigen Phasen nicht aus dem Blick.

Wie setze ich also Ziele richtig?

Grundvoraussetzung für realistische, erreichbare Ziele sind eine gute Struktur und Formulierung. Es lohnt sich also, ein wenig Zeit für die Planung zu nehmen. Die Literatur unterscheidet zwischen kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Zielen. Über kurzfristige Zielsetzungen findet ihr in unserem Artikel zum mentalen Training bereits wertvolle Tipps. Darin geht es um Tagesziele, die man unter anderem an die eigene Verfassung und an die vorangegangene Trainingsphase anpassen sollte.

Die SMART-Formel entstammt dem Projektmanagement und hilft bei der Formulierung mittel- und langfristiger Ziele. Natürlich sind auch die Tagesziele dabei als kleinste Einheit ein wichtiger Bestandteil, um ein größeres Ziel erreichen zu können. Doch wie setze ich mir greifbare Ziele für die Zukunft richtig? Uns wie gehe ich in dieser Gleichung mit der „Variable Pferd“ um, die ich nur bedingt beeinflussen kann?

SMART soll es sein

‚S‘ für spezifisch

Ziele sollten so präzise wie möglich formuliert sein. Das schafft Klarheit. Denn vage Formulierungen enthalten keine direkten Handlungsimpulse und führen seltener zur Verwirklichung des Ziels.

Beispiel:

„Bis zum Ende der Sommerferien möchte ich zügelunabhängig und mit stabilem Sitz galoppieren können“ ist greifbarer als „Ich muss besser sitzen und die Hände ruhig halten.“

Anschließend überlegt man sich, welche Schritte für die Umsetzung notwendig sind. Diese werden als Zwischenziele notiert, beispielsweise so: „Um dieses Ziel bis zum Ende der Ferien zu erreichen, werde ich

  1. mit meinem Reitlehrer darüber sprechen,
  2. gezielt durch Sitzlonge den Grundsitz verbessern und
  3. Unsicherheit abbauen, damit ich mich im Galopp nicht mehr an den Zügeln festhalte.“

‚M‘ für messbar

Da sich die Zusammenarbeit von Mensch und Tier schwer in Zahlen ausdrücken lässt, würde ich diesen Punkt eher als „Überprüfbarkeit“ bezeichnen. Denn Fortschritte lassen sich durchaus überprüfen. Etwa könnte für oben genanntes Beispiel der Reitlehrer zum Ende der Sommerferien durch entsprechende Aufgabenstellungen schauen, ob das gesetzte Ziel erreicht wurde. An dieser Stelle ist ein ehrliches, motivierendes und bei Erfolg lobendes Feedback des Ausbilders wünschenswert.

‚A‘ für attraktiv

Es bezeichnet die Bedeutung des jeweiligen Ziels für den Umsetzenden. Um langfristig zu motivieren und auch Durststrecken zu überstehen, muss das Ziel für den Reiter persönlich relevant sein. Daher ist es auch so wichtig, die Ziele selbst zu formulieren und zu notieren. Dabei sind die Motive so individuell verschieden wie die Persönlichkeiten der Reiter selbst. Bei mir ist es aktuell zum Beispiel der innige Wunsch, meiner Stute nach ihrer schweren Verletzung eine würdige und freudvolle Rente zu ermöglichen. Darauf habe ich ihre gesamten Haltungsumstände und das Training ausgerichtet.

‚R‘ für realistisch

Um Frustration zu vermeiden, sollten deine Ziele immer den Möglichkeiten und Gegebenheiten angepasst sein. Selbst der talentierteste Reiter kann durch ein zu ambitioniertes Vorhaben dem Trugschluss erliegen, er sei zu unfähig für alles. Dabei übersteigt vielleicht das, was er von sich verlangt, lediglich seine momentanen Möglichkeiten. Kein Anfänger kann innerhalb eines Jahres Turniere gewinnen und ein Pferd mit einem nur eingeschränkt reparablen Sehnenschaden kann unmöglich über Stoppelfelder galoppieren. Auch da ist die Beratung durch den Reitlehrer eine wichtige Option, denn er kann aufgrund seiner Erfahrung Entwicklungen realistisch einschätzen.

‚T‘ für terminiert

Es steht für den zeitlichen Aspekt des Modells. Eine Zielsetzung sollte immer zeitlich gebunden sein, damit die Arbeit daran nicht auf unbestimmt vertagt werden kann. Nun ist es schwierig, einen Prozess, den in diesem Fall Mensch und Tier durchlaufen müssen, auf ein festes Datum zu fixieren. Es kann immer zu Verzögerungen oder Rückschlägen kommen. So empfehlen sich zeitliche Marker wie etwa „bis zum Ende der Sommerferien“ oder „bis zum Anfang der Turniersaison“. Sie geben ein ungefähres Zeitfenster an und unterstützen wiederum die Realisierbarkeit und die Praxisnähe.

Ernsthaftigkeit und Freude können sich zu einem erfüllenden Hobby ergänzen. Foto:  ©iStockphoto.com/lenina11only

Die Balance finden

Egal wie ernsthaft und ambitioniert wir unser Hobby Reiten auch betreiben, bleibt es doch zuvorderst immer eine Beschäftigung, die Freude bringen soll. Ausgleich und Entspannung im durchgetakteten Alltag bieten. So ist es wichtig, die Balance zu finden, dass der Ehrgeiz nicht die Freude überschattet und wir beginnen, auch hier Fristen hinterherzuhetzen. Reiten ist auch ein intuitiver Sport auf der Basis einer Verbindung zum Pferd auf Seelenebene, gerade das macht ihn für uns so besonders.

Lernprozesse benötigen Zeit zur Übung und Vertiefung bei Pferd und Reiter. Nur so lassen sich echte Fortschritte erzielen. Die SMART-Formel kann uns Reiter mit kleinen Anpassungen aber durchaus bei der Festlegung und Umsetzung unserer Ziele unterstützen.

Belohne dein Pferd und genieße die Freude

Nicht zu vergessen ist natürlich die Belohnung, wenn ein Etappenziel oder sogar ein großes Ziel erreicht ist. Dies gilt besonders für das Pferd, das den ideellen Wert des Ziels, den es für uns Reiter hat, nicht vergegenwärtigt. Stetiges Loben und Belohnen im Training ist immens wichtig, stärkt Vertrauen und Motivation.

Für uns Reiter gilt: Auch wir dürfen uns belohnen, wenn wir etwas geschafft haben, das uns Mühe und vielleicht sogar Überwindung gekostet hat. Insbesondere bei Etappenzielen neigen wir dazu, sie bei Erreichen einfach abzuhaken und sofort die nächste Aufgabe ins Auge zu fassen. Doch es lohnt sich, kurz innezuhalten und die Freude bewußt zu genießen.

 

* 25 Jahre alt * Studentin in Hamburg * eigenes Pferd: Haflingerstute ‚Goldy‘ *
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