Hufrehe (Laminitis)

Inhalt
Definition
Symptome
Erste Hilfe
Behandlung
Prognose
Hufbearbeitung und Rehebeschlag
Ursachen
Vorbeugung

Definition

Die Hufrehe, in der Fachsprache „Laminitis“ genannt, bezeichnet eine Entzündung der Huflederhaut. Diese verbindet Hufbein und Hornkapsel miteinander. Jedoch kann sich bei einem Reheschub diese Lederhaut von der Kapsel ablösen, was dann zu einer Rotation des Hufbeins führt. Nach der Kolik ist die Hufrehe die zweithäufigste Todesursache bei Pferden. Vor allem Ponys sind betroffen. Je nach Stadium und Ursache sind verschiedene Formen der Krankheit zu unterscheiden.

Formen

Akute Hufrehe
Die akute Hufrehe ist ein Notfall! Als akut werden die ersten 24-72 Stunden nach Beginn des Entzündungsvorgangs in der Huflederhaut bezeichnet. In diesem Stadium treten erste deutlich sichtbare Anzeichen der Krankheit auf.

Chronische Hufrehe
Bereits nach einer Lahmheitsdauer von 48-72 Stunden (unterschiedliche Quellenlage) spricht man von einer chronischen Hufrehe. Die Symptome werden massiver und eindeutiger. Diese chronische Phase dauert oft mehrere Tage bis Wochen. Manche Pferde sind ein Leben lang betroffen. Nicht immer geht das Pferd dauerhaft lahm.

Symptome

Eine akute Hufrehe beginnt schleichend mit einem Entzündungsvorgang in der Huflederhaut. Nach 24-72 Stunden treten die ersten erkennbaren Symptome auf. Das Pferd versucht, die betroffenen Hufe zu entlasten, tritt dabei von einem Bein auf das andere und lahmt leicht bis oft hochgradig.

Außerdem sind die Hufe warm und ein Drucktest mit der Hufzange fällt positiv aus. Schreitet die Krankheit fort, nimmt das Pferd die charakteristische Rehehaltung ein. Bei betroffenen Vorderhufen streckt das Pferd die Beine vor und stellt sich auf die weniger empfindlichen Trachten. Sind die Hinterhufe das Problem, tritt das Pferd so weit wie möglich unter den Körper, um eine Entlastung zu erzeugen.

Am Kronrand ist eine deutliche Pulsation tastbar, auf hartem Boden und in Wendungen verstärkt sich die Lahmheit deutlich. Die Hufrehe ist für die erkrankten Pferde sehr schmerzhaft. Sie werden apathisch, haben kaum Appetit, die Muskeln spannen sich an und es kann zu Kreislaufproblemen kommen. Sogar Fieber kann auftreten, das Pferd schwitzt oder zittert.

Im fortgeschrittenen Stadium können die Pferde nicht mehr stehen. Im Extremfall kommt es zur Rotation des Hufbeins und zum sogenannten Ausschuhen. Dies ist ein Sohlendurchbruch, bei dem sich die Hufkapsel vollständig ablöst. Ist es soweit gekommen, kann den betroffenen Pferden nur noch schwer zu geholfen werden. Sie leiden äußerste Schmerzen. Deshalb ist es auch hier so wichtig, die Symptome früh zuzuordnen und sofort zu handeln.

Die chronische Hufrehe kann sich in der Symptomatik von der aktuten Rehe unterscheiden. Von einer chronischen Rehe spricht man bereits nach einigen Tagen der Huflederhautentzündung, insbesondere dann, wenn eine Rotation des Hufbeins aufgetreten ist. Manche Pferde sind ein Leben lang von chronischer Hufrehe betroffen, eine Lahmheit tritt dabei nicht zwingend auf.

Dennoch weisen die Hufe besondere Merkmale auf, anhand derer man eine chronische Rehe auch ohne Lahmheit oder Schmerzempfindlichkeit erkennen kann. Mehrere Hornringe des Hufs verlaufen nicht parallel und die Zehenwand ist im Vergleich zum gesunden Huf verändert. Sie verläuft konkav und kann eine Knolle bilden. Zudem ist die weiße Zone stark verbreitert, die Sohle wölbt sich vor und der Huf weist insgesamt eine schlechte Hornqualität auf.

Erste Hilfe

Beim Verdacht auf Hufrehe handelt es sich um einen Notfall, in dem unverzüglich der Tierarzt zu verständigen ist. Jede Minute zählt, um eine Absenkung oder Rotation des Hufbeins zu verhindern.
Die andauernde Kühlung des betroffenen Hufs ist eine Sofortmaßnahme, die der Besitzer selbst in die Wege leiten kann und sollte. Damit kann der Entzündungsvorgang abgemildert oder sogar gestoppt werden, zudem lindert Kühlung die Schmerzen.

Forschungen zeigen, dass eine Temperatur von 2°C ideal ist – kaltes Leitungswasser reicht also nicht aus. Effektiver ist das Kühlen mit Crushed Ice (an jeder Tankstelle erhältlich). Die betroffenen Hufe sollten für eine Dauer von mindestens 24 Stunden in einem mit Eis gefüllten Eimer oder Plastiktüte stehen. Kälteschäden entstehen dabei nicht. Wichtig ist es, den Kühlvorgang in den ersten 24 Stunden nicht zu unterbrechen und dauernd neues Eis nachzufüllen.

Zur weiteren Entlastung sollte das Pferd auf weichem, steinfreiem Sandboden stehen. Er wirkt unterstützend auf die Hufsohle. In der Box können Sägespäne unter dem Stroh diese Funktion übernehmen.

Hat die Fütterung den Reheschub ausgelöst, sollte in der Akutphase vollständig auf Kraftfutter verzichtet und lediglich Heu oder Stroh angeboten werden.

Behandlung

Nach der Diagnose einer akuten Rehe liegt der Fokus der tierärztlichen Behandlung auf Schmerzlinderung, Bekämpfung der Entzündung und Durchblutungsförderung. Dazu kommen gängige Schmerzmittel und Entzündungshemmer sowie beispielsweise Heparin und Acetylsalicylsäure (Aspirin) für eine bessere Durchblutung zum Einsatz.

Außerdem kann der Tierarzt durch Elektrolytinfusionen den Kreislauf des Pferdes unterstützen. Bei Bedarf wird der Arzt einen Teil der Zehenwand entfernen, um Entzündungssekret abfließen zu lassen und dadurch den schmerzhaften Druck im Huf zu lindern. Ein spezieller Reheverband polstert den Huf zusätzlich und schützt vor Infektionen. Dabei wird der Huf dick mit Verbandwatte umhüllt, die mit einer selbstklebenden Binde fixiert wird. Außen wird mit wasserabweisendem Klebeband umwickelt.

Weiterhin verordnet der Tierarzt wahrscheinlich Boxenruhe und empfiehlt Aderlass oder Blutegeltherapie um das Pferd zu entgiften. Im nächsten Schritt sollte der Hufschmied informiert werden, damit über einen Rehebeschlag entschieden werden kann.

Eine naturheilkundliche Unterstützung der Behandlung mit Kräutern und homöopathischen Mitteln ist möglich. Dazu bedarf es eines sogenannten klassisch arbeitenden Homöopathen für Pferde.

Nach der Akutversorgung sollte Zeit und Mühe in die Ursachenforschung investiert werden. Eine Hufrehe kann zahlreiche Ursachen haben, die unbedingt ermittelt werden sollten. Ist ein Pferd einmal betroffen, steigt das Risiko für einen weiteren Reheschub enorm. Die Auslöser müssen also erkannt und sorgfältigst vermieden werden.

Prognose – Heilungschancen

Die Prognose für ein an Hufrehe erkranktes Pferd hängt stark von Alter und Konstitution des Pferdes selbst sowie vom Stadium der Krankheit ab. Eine weitere bedeutsame Größe ist der Schweregrad der Hufbeinrotation, der Aussage über eine zukünftige Einsatzfähigkeit des Pferdes treffen kann. Ist das Hufbein um mehr als 7 Grad rotiert, ist die Reitbarkeit des Pferdes fraglich.

Außerdem ist die Prognose davon abhängig, wie sicher die Ursache der Hufrehe gefunden und beseitigt worden ist. Bei einer sehr starken Absenkung oder Rotation des Hufbeins oder im Falle des sogenannten Ausschuhens sind die Heilungschancen eher schlecht. Auch aufgrund der starken Schmerzen, die oft eine Erlösung des Pferdes unumgänglich machen.

Hufbearbeitung und Rehebeschlag

Die Bearbeitungs- und Beschlagsmöglichkeiten bei Hufrehe sind extrem vielfältig.  Ebenso die Methoden und Meinungen. Übereinstimmend lässt sich sagen, dass die Hufrehe immer eine spezielle und sorgfältige Bearbeitung der betroffenen Hufe notwendig macht, um das Pferd optimal zu unterstützen.

Ein Röntgenbild ist erforderlich, um die Stellung des Hufs an die des Hufbeins anpassen zu können. Dies geht damit einer orthopädischen Bearbeitung voraus.

Streitig ist vor allem die Frage nach einer Erhöhung oder Kürzung der Trachten. Für beides gibt es Pro- und Kontra-Argumente. Für eine Hochstellung der Trachten spricht beispielsweise eine dadurch hergestellte Verlagerung der Belastung in die weniger betroffenen Gefäß- und Wandlederhautbereiche der Trachten.

Für eine Kürzung spricht hingegen, dass dabei das Gewicht eher auf die Trachten selbst verlagert wird, was der natürlichen Schonhaltung eines an Rehe erkrankten Pferdes entspricht. Wie im Einzelfall zu entscheiden ist, sollte in enger Abstimmung mit Tierarzt und Hufschmied besprochen werden.

Zur Entlastung der geschädigten Zehe während des Heilungsprozesses ist es außerdem gängige Praxis, die vordere Zehenwand im rechten Winkel abzunehmen oder ein an dieser Stelle ausgeschnittenes Eisen zu verwenden. Diese Methode nennt man das Prinzip der „schwebenden Zehe“.

Für den korrekten Hufbeschlag bei Rehe existieren ebenfalls unterschiedliche Ansätze. Verdickte Schenkel, Stege sowie Kunststoffplatten und verschiedene Arten der Anbringung am Huf können individuell auf das jeweilige Pferd abgestimmt eingesetzt werden. Die Stellung des Hufs wird korrigiert, eine adäquate Gewichtsverteilung hergestellt und der geschädigte Huf gegen äußere Einflüsse geschützt. Auch ein Kunststoffbeschlag oder abnehmbare Hufschuhe können zum Einsatz kommen.

Ursachen

Die Krankheit beginnt mit einer Durchblutungsstörung der kleinen Gefäße innerhalb der Huflederhaut.

Dies kann durch zahlreiche Faktoren ausgelöst und begünstigt werden. Angefangen von Stellungsfehlern durch unsachgemäße Hufbearbeitung,  Fütterungsfehlern bis hin zu erblichen und hormonellen Einflüssen und Primärkrankheiten.

Häufigste Auslöser:

  • Fütterungsfehler Futtermittel, die einen hohen Anteil an Kohlehydraten, Zucker, Stärke und Fruktane aufweisen, gelten in größeren Mengen als Reheauslöser. Dies gilt zum Beispiel für Getreide, Brot, Obst oder Klee. Kraftfutter sollte deshalb nur in kleinen Mengen über den Tag verteilt angeboten werden. Weiterhin ist frisches Gras ein Risikofaktor. Insbesondere im kühlen Frühjahr produzieren die Gräser eine große Menge Fruktane und lagern sie ein. Nach Möglichkeit sollten Pferde dieses Gras überhaupt nicht zu fressen bekommen. Zu schnelles Anweiden zu einem späteren Zeitpunkt kann allerdings trotzdem zu Rehe führen, weil die Darmflora unter dem ungewohnten Futter leidet.
  • Insulinstoffwechsel Insulin als Auslöser von fütterungsbedingter Hufrehe ist ein neuer interessanter Ansatz. Zucker und Stärke sind entscheidende Faktoren (Fruktane sind hier eingeschlossen, aber nicht der alleinige Übeltäter). Inzwischen geht man auch davon aus, dass die Vorgänge im Darm Begleiterscheinungen sind, aber nicht Verursacher. Zucker (zB. in Rüben, melassierten Futtermitteln, Äpfeln, Möhren, Gras) und Stärke (in Getreide, Brot), lässt den Glucosewert im Blut ansteigen und dies hat eine erhöhte Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse zur Folge. Insulin ist ein Hormon, das gebraucht wird, um Blutzucker zu verwerten. In den Muskelzellen oder als Fettschicht. Diese legen Pferde aus Instinkt als „Polster“ bzw. Reserve für die kalten Wintermonate an. Denn diese sind in der Natur futterärmer. (Mögliche Erklärung für einen auftretenden Reheschub im Spätherbst, wo es sicher nicht an den fetten Weiden liegen kann.) Wenn nun dauerhaft durch Überfütterung zuviel Zucker und Stärke als Glukose in das Pferdeblut gelangt, bekommt die Bauchspeicheldrüse kein Stopp Signal mehr, sie produziert immer weiter Insulin und es folgt die Hufrehe.
  • Übergewicht Leidet ein Pferd an Übergewicht, ist Hufrehe eine häufige Folgeerscheinung. Das Körperfett ist in der Lage, selbständig Hormone zu produzieren und damit den Stoffwechsel des Pferdes aus dem Gleichgewicht zu bringen. Giftstoffe reichern sich an und können über die Organe nur sehr langsam und unzureichend abgebaut werden. Als Ergebnis kann es zu Rehe kommen.
  • Stoffwechselerkrankungen Verschiedene Stoffwechselerkrankungen wie EMS (Equines Metabolisches Syndrom) und ECS (Cushing) werden ebenfalls als Auslöser von Hufrehe angesehen. Das Metabolische Syndrom ist eine Kohlenhydratstoffwechselstörung, bei der vermehrt Insulin produziert wird. Im Falle von Cushing ist die Kortisolproduktion erhöht. Die Blutgefäße verengen sich, was letztlich die Entzündung der Huflederhaut auslösen kann.
  • Fehlbelastung / Überbelastung Eine falsche oder zu starke Belastung der Hufe kann außerdem begünstigend für einen Hufreheschub wirken. Starke Belastung, vielleicht zusätzlich auf hartem Boden, verändert die Blutzirkulation innerhalb der Huflederhaut. Schont das Pferd aufgrund einer Verletzung ein Bein, sind die anderen drei Beine besonders gefährdet. Eine unsachgemäße Hufbearbeitung, die die Belastung nicht gleichmäßig verteilt, kann sich ebenso nachteilig auswirken.
  • Vergiftungsrehe durch Giftpflanzen (auch durch bestimmte Medikamente, z. B. Cortison)
  • Geburtsrehe wird durch ein nicht vollständiges Abgehen der Nachgeburt ausgelöst. Diese zersetzt sich, hierbei entstehen Endotoxine. Diese gelangen ins Blut und lösen einen Reheschub aus.
  • Endotoxine im Blut können auch andere Ursachen haben. Zum Beispiel Kolik, Magen-Darm-Erkrankungen, Durchfall oder andere Infektionskrankheiten.

Vorbeugung

Eine Hufrehe ist eine schwerwiegende, nachhaltige Gesundheitsbelastung für ein Pferd, die nicht selten tödlich endet. Das Pferd muss starke Schmerzen ertragen. Für den Besitzer ist die Erkrankung mit der Sorge um das Leben und Wohlbefinden seines Pferdes verbunden. Auch entstehen hohe Kosten. Zum Wohle des Pferdes gilt es, sorgfältige Prophylaxe zu betreiben, damit die Krankheit möglichst gar nicht erst auftritt.

Grundregeln

  • Regelmäßige und fachgerechte Hufpflege. Die korrekte Stellung der Hufe und damit gleichmäßige Belastungssituation ist der Hauptfaktor zur Gesunderhaltung!
  • Das Kraftfutterangebot immer der geforderten Leistung des Pferdes anpassen. Den reinen Erhaltungsbedarf sorgfältigst ermitteln.
  • Rohfaserreiches, gut abgelagertes Rauhfutter (z.B. Heu) ist zu bevorzugen. Dies hilft auch, Übergewicht zu vermeiden.
  • Jegliche Futterumstellung sollte langsam und vorsichtig erfolgen, damit der Organismus des Pferdes genügend Zeit bekommt, sich auf die Veränderung einzustellen.
  • Planvolles, langsames Anweiden im Frühjahr. Außerdem sollte man auf den Fruktangehalt des Weidegrases achten und seine Weide pflegen.
  • Bewegung auf federndem Untergrund schützt vor Überlastung.
  • Lahmt das Pferd auf einem Bein stark, kann das gesunde Bein durch einen vorbeugenden Hufreheverband geschützt werden.

Für die Hufrehe gilt, kaum eine Pferdekrankheit wird in ihrer Entstehung und Behandlung unter den Experten so kontrovers bewertet und diskutiert. Dies bedeutet für den Pferdebesitzer, der in jedem Fall nur das Beste für sein erkranktes Tier möchte, eine immense Belastung. Nehmen wir nur die Frage: Trachtenerhöhung oder Trachtenkürzung? Keile? Rehebeschlag ja oder nein? Empfehlen können wir nur, jedes erkrankte Pferd in seiner ureigenen Situation genau anzusehen, keine Verallgemeinerungen zuzulassen, seine Experten wie Tierarzt und Hufschmied nach absolutem Vertrauen (und auch nach ihrem Erfahrungsschatz mit dieser Krankheit) auszuwählen. Und dann eine Behandlungsentscheidung nach bestem Wissen und Gewissen zu treffen. Denn mehr können wir nicht tun.

Die von dem Reitsportmagazin Hufglück angebotenen Inhalte über Pferdekrankheiten dienen ausschließlich der Information der Pferdebesitzer und Reiter. Sie ersetzen in keinem Fall die Untersuchung und Diagnose durch einen Tierarzt.
* Pferdewirtschaftsmeisterin * Reitlehrerin FN * lebt in Portugal *