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Gesundheit

Ist mein Pferd krank?

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Allgemeine Krankheitsanzeichen beim Pferd

Für jeden Reiter ist die Zufriedenheit und Gesundheit seines Pferdes das höchste Gut. Trotz aller Gedanken, die wir uns um artgerechte Lebens- und Haltungsbedingungen machen, trotz aller Sorgfalt im Umgang und all der Liebe, die wir unseren Pferden schenken, können immer wieder auch gesundheitliche Probleme auftreten.

Sie können uns plötzlich und mit einer Notfallsituation überraschen, aber auch schleichend und anfangs unbemerkt Einzug halten. In beiden Fällen ist es so wichtig, dass ich als Besitzer oder Reiter die Sprache und Zeichen meines Pferdes verstehen lerne. Und vor allem weiß, wie ich helfen kann und im Notfall, was als Erstes zu tun ist.

Woran erkenne ich also, dass mein Pferd krank ist?

Die folgenden Beispiele sollen helfen, die Achtsamkeit im Bezug auf die Körpersprache erhöhen. Denn die Pferde geben uns durchaus Zeichen. Genau wie bei uns Menschen gilt, je früher wir die Beschwerden wahrnehmen, desto leichter und schneller kann das Pferd wieder genesen. Und aus kleinen Problemchen werden im besten Falle keine langwierigen Erkrankungen.

Je inniger die Beziehung zum Pferd ist, je länger man zusammen lebt und arbeitet, desto genauer kennt man das „gesunde“ Verhalten seines Tieres. Man weiß, wie es sich verhält, wenn man in den Stall kommt und kennt seine Angewohnheiten und Rituale.

Jede Abweichung vom normalen Verhalten kann ein Zeichen für Unwohlsein sein und ein Hinweis darauf, dass etwas nicht stimmt.

 

Auf den ersten Blick

Sollte das Pferd auf den ersten Blick krank sein heißt es meist auch, sofort zu handeln.

Sehr offensichtliche Anzeichen für Unwohlsein sind:

  • das Pferd wirkt apathisch und unbeteiligt, zeigt kaum oder keine Erkennungsfreude
  • gesenkter Hals und Kopf, apathisch, kein Ohrenspiel
  • trübe Augen, der Blick wirkt glasig, kein Interesse an der Umwelt
  • das Pferd liegt und will/kann nicht aufstehen
  • das Pferd verweigert die Futteraufnahme
  • die Box ist sauber, das Pferd hat offensichtlich nicht geäppelt
  • der Bauch des Pferdes wirkt aufgebläht
  • das Pferd flehmt oft
  • das Pferd hat Durchfall
  • die Box ist extrem durchwühlt, das Pferd hat offensichtlich gescharrt und/oder sich gewälzt
  • das Pferd ist extrem unruhig in seiner Box, scheint nicht stillstehen zu können
  • Schwitzen in der Box ohne Anstrengung, eventuell auch schwere Atmung
  • konstante Schonhaltung einer Gliedmasse, Pferd vermeidet zu laufen und zu belasten
  • deutlich sichtbarer Hautausschlag, Nesselfieber
  • geschlossene, stark tränende Augen
  • Schmerzäußerungen, Stöhnen
  • angelaufene Beine, Schwellungen
  • Nasenausfluss, eventuell bereits eitrig, und geschwollene Halslymphknoten können „Druse“ bedeuten

Dies sind allgemeine Krankheitszeichen, die bei verschiedenen gesundheitlichen Problemen gleichermaßen auftreten können. Sie erfordern ein sofortiges Handeln, kein Übergehen zur Tagesordnung, sondern Ursachenforschung.

Ihr könnt zum Beispiel einen erfahrenen Pferdemenschen hinzuziehen, um die Situation mit Euch zu bewerten und dem Pferd zu helfen. Selber könnt ihr die Vitalwerte des Pferdes in Ruhe überprüfen. (Normalbereich: Puls 28-40/min, Atmung 8-12/min, Temp.37,5 – 38,5°C) Abweichungen zeigen auf jeden Fall eine Beteiligung des Herz- Kreislaufsystems an, eventuell eine Infektion.

Das Pferd sollte nicht gearbeitet werden, vielleicht geführt und Veränderungen sollten genau beobachtet werden.

Jeder Tierhalter entscheidet nach persönlichem Gefühl und aus seiner Sicherheit bzw. Unsicherheit heraus, ob und wann er einen Tierarzt zu Rate zieht, um sein Pferd genauer zu untersuchen. Bei akuten Verschlimmerungen des Zustandes sollte er dies in jedem Fall tun. Notfallsituationen und erste Hilfe Maßnahmen werden in unserem Extra-Beitrag gesondert und ausführlichst beschrieben. Wir haben auch pdf Dateien zum Ausdrucken und Aufhängen im Stall für euch angefertigt.

 

Zufrieden und glücklich … ist das Pferd gesund, freut sich auch der Mensch Foto: ©iStockphoto.com/Anjajuli

Auf den zweiten Blick

Manchmal fällt am Verhalten des Pferdes und im Umgang erstmal nichts Ungewöhnliches auf. Jedoch können beim Reiten schleichende Veränderungen eintreten, die auf gesundheitliche Probleme hinweisen. Oft ist dann der Rücken oder der Bewegungsapparat betroffen. Weiterführende Informationen sind in unseren Beiträgen zu „Kissing Spines“ und „Losgelassenheit geht nur über den Rücken“ zu finden.

Folgende Symptome können auftreten:

  • Unwilligkeit bereits beim Putzen, das Pferd zeigt Abwehrverhalten bei Druck auf den Rücken oder auch andere spezielle Muskelpartien (zB am Genick, Hals, Kruppe oder Hinterhand)
  • Abwehrverhalten, wenn der Sattel sich nähert bzw. aufgelegt werden soll
  • das Pferd verliert seine Bereitschaft, willig vorwärts zu gehen oder
  • es beginnt, vor den Reiterhilfen davon zu laufen
  • das Pferd bleibt öfter stehen, scheinbar grundlos
  • es neigt zum Buckeln
  • vermehrter Widerwillen bei Stellung und Biegung
  • Taktfehler (in allen 3 Gangarten möglich)
  • häufiges Wechseln in den Kreuzgalopp
  • Kopfnicken- oder Schlagen
  • schiefe Schweifhaltung
  • pinselnder Schweif
  • steifer, klammer Gang zu Beginn der Aufwärmphase, Pferd läuft sich aber ein (mögliches Symptom der „Hufrollenentzündung“)
  • Lahmheit
  • Atemwegsprobleme und beginnender Husten zeigen sich im Anfangsstadium erst unter Belastung. Das Pferd stößt öfter an, hat klaren Nasenausfluss und schnauft hörbar.
  • am ganzen Körper verteilte schorfige Stellen unter dem Fell
  • kleine, geschwollene oder bereits wundgescheuerte Stiche am Mähnenkamm und/oder Rücken (mögliches Frühsymptom des „Sommerekzems“)

Dies sind ein paar Tipps, die euch zeigen, worauf ihr eure Wahrnehmung und euren Blick richten solltet. Es sind erste Anzeichen und Warnsignale. In der Sprache der Pferde.

Foto: Karen Pagnia

In vielen Fällen ist ein schmerzender Pferderücken Verursacher für Probleme beim Reiten. Wir haben uns der Früherkennung und den Therapiemöglichkeiten in unserem Rücken Artikel bereits ausführlich gewidmet. Hier findet ihr auch einen Rücken- Check zum Selbermachen.

Und über den pferdegerechten Trainingsaufbau könnt ihr euch hier nochmal informieren. Denn oft sind es mangelnde Kenntnisse der Trainingslehre, die aus kleinen Problemen mit der Zeit große Schwierigkeiten und Schmerzen entstehen lassen.

Wissen und Erfahrung können vielen gesundheitlichen Problemen vorbeugen, also scheut euch nicht, die Reitlehrer oder erfahrene Pferdeleute um Rat zu fragen! Zum Wohle eurer Pferde.

* Pferdewirtschaftsmeisterin * Reitlehrerin FN * lebt in Portugal *
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